Australien

Brisbane nach Cairns – Etappe 2 🇦🇺

Wir erreichen Cape Hillsborough am Nachmittag. Die Fahrt dorthin führt uns durch die endlosen Zuckerrohrfelder der Region. Mit fast einer halben Million Hektar Anbaufläche und 35 Million Tonnen Produktionsmenge, gehört die Pflanze zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor des Landes. Die Plantagen sind so groß, dass eigene Zuglinien für den Güterverkehr mitten zwischen den Feldern verlaufen, um die Ernte abtransportieren zu können.

Wir erreichen den Nationalpark, dessen Camping-Platz von der Nationalparkbehörde verwaltet wird. Camps dieser Art bieten in der Regel traumhafte Standorte, welche stark in der Personenanzahl reglementiert sind. Sanitäre Einrichtungen gibt es meist kaum. Nahrung und Trinkwasservorräte müssen selbst mitgeführt werden.

Die Preise für Übernachtungen an solchen Orten sind günstig. Wildnis pur. Der Platz liegt im Dickicht eines stark bewaldeten Areals unmittelbar am Ufer eines einsamen Steinstrandes. Die nächste Ortschaft ist eine Stunde entfernt. Jeder Stellplatz ist so gross, dass er mit drei bis vier Campern bezogen werden könnte. Wir platzieren unseren “Britzi“ so zwischen den Bäumen, dass der auf drei Seiten verglaste Loungebereich zum Meer hin zeigt. Während uns ein Pärchen Kokaburras, der australische Nationalvogel wird bis zu 50 cm groß, beim Aufbauen der Hängematte beobachtet, streifen Bindenwarane durch das Unterholz. Die bis mehr als zwei Meter großen Echsen sind geschickte Kletterer, welche es auf kleinere Wirbeltiere abgesehen haben. Wir entdecken kokonförmige Blattgebilde, welche rote Ameisen künstlerisch zu ihren Nestern gebaut haben. Nachts erhalten wir Besuch von einer Possum Dame mit ihrem Jungen.

Auf dem Platz links von uns lernen wir die Richardson’s kennen. Eine junge, australische Familie mit drei Kindern wie sie nicht australischer sein könnte. Schnell haben sich die Kids angefreundet. Der Kleinste, liebevoll von seinen Eltern „Shithead“ oder “Australien Brut“ genannt, ist der Schrecken des gesamten Platzes und der “Boss“. Marie wird zu seiner ganz speziellen Freundin. Es wird Fahrrad gefahren, am Strand gespielt, in den Fangreusen nach Krabben geschaut. Den Kids wird gezeigt, welche Ameisen man naschen kann und welche nicht. Wir tauchen in den drei Tagen tief ab in eine stille, zufriedene Welt, die einfacher und erfüllender nicht sein könnte.

Wie die meisten Australier wachsen die Menschen hier in tiefer Verbindung mit der Natur auf. Campen gehört zum Nationalsport und so auch das Wissen um die Fähigkeiten, sich selbst Versorgen zu können. Jagen in allen erdenklichen Formen ist äußerst liberal geregelt und kaum reglementiert. Es bedarf weder einer speziellen Lizenz noch einer Ausbildung. Und so lernen die Kinder bereits im Kleinkindalter, wie man sich der Nahrung von Mutter Natur bedient. So auch bei den Richardson‘s. Kurz nach Einsetzen der Ebbe werden die ausgelegten Fangreusen aus dem matschigen Ufer gezogen. In Ihnen befinden sich Krabben in der Größe eines Esstellers. Über dem offenen Feuer wird ein 30 Liter Topf mit Wasser zum Kochen gebracht, in welchem die Krabben ihr Ende finden. Wir sitzen bis in den späten Abend zusammen, essen das frisch gefangene Krabbenfleisch, spülen es mit einem kühlen australischem Bier hinunter und schließen die Runde, in dem wir die Flasche Bundaberg Rum von Hand zu Hand gehen lassen. Jason ist selbständiger Zimmermann, ein Mann wie ein Baum mit einem Herzen groß wie ein Ochse. Sein Lachen verbreitet sich ähnlich schnell wie Corona. Seine Frau Jess kümmert sich mit einer Eselsgeduld um die drei Kinder und ist der ruhende Pol der Familie. Besonders “Shithead“ bedarf erhöhter Aufmerksamkeit. Keine haarsträubende Idee, auf welche der Kleine nicht in jeder Minute des Tages kommen würde. Wir schließen die fünf schnell in unser Herz.

Am nächsten Morgen klingelt um halb fünf Uhr der Wecker. Wir brechen im Dunkeln auf und erreichen beim ersten Morgengrauen den Känguruhstrand nur wenige Kilometer entfernt. In aller Stille stehen wir im Sand und beobachten den Sonnenaufgang, während die wilden Kängurus nach Nahrung suchen.

Wir bleiben bis zum nächsten Tag und verbringen den Abend damit, Marshmallows über dem Feuer zu Rösten. Zwei wundervolle Tage an einem der schönsten Plätze unserer Australienzeit gehen zu Ende. Wir verabschieden uns von den Richardson’s und brechen auf. Unsere Route führt uns weiter nach Airlie Beach, dem Ausgangsort für unsere Whitsundays Tour.

Airlie Beach ist ein schickes Städtchen im Norden von Australien mit knapp 1.300 Einwohnern. Das Klima ist angenehm tropisch. Die Stadt lebt vom Tourismus des Great Barrier Reefs und vor allem den Touren zu den Whitsunday Islands (s. eigener Blogbeitrag hierzu). Das Baden im Meer ist hier quasi unmöglich. Ganzjährig findet man hier sechs der gefährlichsten Quallenarten, wovon zwei tödlich sind. Die Stadtverwaltung hat auf Grund dessen eine – wie in so vielen Küstenorten – kostenfreie Lagune für die Anwohner gebaut, in welchem wir den Tag bei einem gemütlichen Barbecue ausklingen lassen. Wir finden einen ruhigen Stellplatz an einer wegen den Schulferien geschlossenen Schule und schauen voller Erwartung auf unsere Whitsunday Tour.

Die Whitsundays stellen das letzte Highlight unserer Camperzeit dar. Noch wenige Tage sind übrig, um den Weg nach Cairns zurück zu legen. Wir planen einen Zwischenstop in Townsville ein, bevor wir für die letzten zwei Tage eine kleinen Parkplatz zwei Stunden von Cairns – in Mission Beach – beziehen. Die Region verfügt über ein stark tropisches Klima. Die Küste und die Berge sind mit dichtem Regenwald bewachsen. Wilde Kakadus bevölkern die Wälder. Es ist dunstig und regnet verhältnismäßig viel. Mission Beach ist ein kleiner Ort mit 800 Einwohnern, welcher 1914 als Missionsstation für Aboriginies gegründet wurde. Der Ort lebt ein beschauliches Leben. Die wenigen Touristen, welche sich hierher verirren, bleiben meist nur wenige Tage. Touristische Attraktionen sucht man vergeblich. Es existiert ein kleiner Supermarkt und einige, wenige Restaurants. 2012 wurde Mission Beach vom Zyklon Yasi getroffen und fast vollständig zerstört. Die australischen Medien sprachen vom „australischen Ground Zero“. Mission Beach ist jedoch ein einzigartiger Ort für Naturfreunde. Der Ort besitzt die Einzigartigkeit, gleich in zwei Regionen, welche zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt worden, zu liegen. Auf der Meerseite das Great Barrier Reef, an Land der Regenwald „Wet Tropics“.

Der Parkplatz in Mission Beach befindet sich an einem einsamen Strandabschnitt. Das Wetter ist warm aber rau. Wir trinken frisch gebrühten Kaffee am frühen Morgen am Strand bevor wir uns splitterfasernackt unter die Stranddusche stellen. Beeindruckende Wolkenformationen bauen sich am Horizont auf. Die nachtaktiven Salzwasserkrokodile sind gefühlt überall – gesehen haben wir jedoch kein einziges. Wir genießen zwei Tage am Strand und unternehmen einen Walk durch den Regenwald. Wir werden in der zweiten Nacht von einem Police Officer aufgesucht, welcher uns jedoch in Ruhe weiter schlafen lässt. Eine handvoll Mal während unserer Camperzeit wurden wir sowohl von der örtlichen Polizei als auch einer privaten Sicherheitsfirma „entdeckt“ – kein einziges Mal mussten wir den Platz, welchen wir uns für die Nacht ausgesucht hatten, verlassen. „No worries, mate….“

Am Tag unserer letzten Fahrt nach Cairns steht der Großputz des Campers an. Wir vermachen den uns vererbten Straßenatlas einem menschenleeren Camper am Straßenrand und spenden den Fußball mit Signaturen von uns allen dem Strand, für wen auch immer ihn zum Spielen finden wird. Sehr wehmütig setzen wir uns das letzte Mal in unsere rollendes Zuhause und treten die finalen 100 km unserer 3.000 km langen Tour an. Der Fahrtwind weht uns warm ins Gesicht. Die Landschaft fliegt vorbei. Die Kinder sitzen seelig in ihren Kindersitzen 7nd schauen still aus dem Fenster. Zeit, unserem Britzi Lebewohl zu sagen…

Wir verbringen die nächsten fünf Tage in Cairns. Mit seinen 150.000 Einwohnern ist Cairns eine bedeutende touristische Destination in Australien. Backpacker aus aller Welt tummeln sich hier. Auch wir kommen in einem klassischen Backpacker Hostel unter. Die Stadt ist der Ausgangspunkt einer Vielzahl von verschiedenen Ausflügen. Zum Einen lässt sich von hier aus das Great Barrier Reef mit dem Speedboat in nur 90 Minuten erreichen. Ein Mekka für Taucher aus der ganzen Welt. Zum anderen werden diverse Touren in die umliegenden Regenwälder und deren Nationalparks angeboten. Ein trauriger Fakt, der uns vermehrt aufgefallen ist je weiter wir in den Norden Australiens kamen, war die Anzahl der Aboriginies, welche am unteren Rand der Gesellschaft leben. Gezeichnet von Armut, Obdachlosigkeit und Alkohol, leben sie ihr entwurzeltes Leben auf der Schattenseite der australischen Gesellschaft.

Wir verbringen die fünf Tage damit, die kleine Stadt zu erkunden und unsere Wochen auf der Straße Revue passieren zu lassen. Die Tour zum Great Barrier Reef sowie der Helikopterflug (eigene Blogeinträge) haben unsere Zeit in Australien spektakulär beenden lassen.

Unser Flug nach Sydney führt uns auf der gleichen Route zurück, welche wir mit dem Camper in einem Monat gemeistert haben. Wir beschließen noch einige Tage in Sydney zu bleiben und mit den Kindern dort das Osterfest zu verbringen. Und so finden wir uns in dem gleichen Hotel wieder, in dem wir vor mehr als einem Monat unsere Australienzeit begonnen haben. Wir atmen noch weitere fünf Tage die Luft Sydneys, tauchen tief in die Stadt und das Leben ein und verabschieden uns bei einem unsagbar schönem Sonnenuntergang am berühmtesten Hafen dieser Welt von dieser beeindruckenden Stadt, diesem unglaublichem Land und seinen faszinierenden Menschen.

Danke Australien, für all die Momente, die wir hier erleben durften.

Wir kommen wieder…

Die Knieschis

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