Thailand

Bangkok – 8 Tage 🇹🇭

One night in Bangkok makes the hard man humble,
Not much between despair and ecstasy,
One night in Bangkok and the tough guys tumble,
Can't be too careful with your company,
I can feel the devil walkin' next to me

– Murray Head, 1984


Bangkok – wir gaben dir eine zweite Chance…

In deinen dampfenden, schwülen Gassen treibend, deine von Fäkalien, Abgasen und Straßenküchen geschwängerte Luft atmend, Menschen, wie unzählige Blätter im Herbst auf einem wilden Fluss treibend, fließen durch deine engen Strassen. Der Mann an der Laterne, der in aller Öffentlichkeit seine Notdurft verrichtet, die unzähligen TukTuk-Fahrer, welche gebetsmühlenartig unsere Aufmerksamkeit zu erhaschen versuchen, der Lärm, der niemals zu verstummen scheint. Der Einbeinige, der überall ist, die Münzen in seinem Pappbecher sammelnd uns wieder und wieder anspricht. Man bewegt sich in Trance an unsichtbarem Faden geführt, versucht erfolglos die Eindrücke zu filtern. Es durchdringt uns unweigerlich, unaufhaltsam, ungefragt. Es nimmt uns ein. Es zieht an uns. Bei jedem Schritt unseres Weges.

Die Nacht bricht herein und du zeigst dein wirkliches, dein dunkles Gesicht. Die dämonische Fratze, dich anlächelnd, dich mit süßer Zunge lockend. Die armen Seelen, welche du in deinen Bann ziehst, ihnen die wahre Liebe vorgaukelnd, sie ihres letzten Glauben beraubst. Die Frau, die dich anspricht, aber keine zu sein scheint. Bizarr. Der Verstand vernebelt, eintauchend in eine Welt, die sich unaufhörlich zu drehen scheint. Musik, viel zu laut und doch dringt das Flüstern deiner leisen, höhnischen Stimme in das Ohr eines jeden, der nur einen kurzen Moment unachtsam ist…

Wir besuchten dich 2017 das erste Mal und entschieden, nie wieder zu kommen. Die Hassliebe trieb uns erneut in deine Arme. Mit Hassliebe reißen wir uns erneut aus deinem umklammernden Griff. Wann werden wir uns wohl wieder sehen…?

Der Nachtzug aus Surat Thani läuft früh am Morgen in den historischen Bahnhof von Bangkok ein. Bereits von Weitem kündigt sich die 15 Millionen Stadt an, welche sich auf knapp 8.000 Quadratkilometer erstreckt. Entlang den Schienen beginnen die Ausläufe von Klong Toey, dem größten Slum der Stadt. Wellblechhütten schmücken die Skyline der hochmodernen Wolkenkratzer. Spielende Kinder auf den Schienen. Vom Fahrtwind trocknende Wäsche. Eine Welt für sich…

Bangkok ist das politische, kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Landes und seit 1782 Hauptstadt Thailands. Der altthailändische Name Bangkoks ist mit 169 Buchstaben der längste Ortsname einer Hauptstadt weltweit. “Krung Thep Maha Nakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Yutthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udom Ratchaniwet Maha Sathan Amon Phiman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit“ oder übersetzt „Stadt der Devas, große Stadt und Residenz des heiligen Juwels Indras, uneinnehmbare Stadt des Gottes, große Hauptstadt der Welt, geschmückt mit neun wertvollen Edelsteinen, reich an gewaltigen königlichen Palästen, die dem himmlischen Heim des wiedergeborenen Gottes gleichen, Stadt, die von Indra geschenkt und von Vishvarkanam gebaut wurde.“ Reden die Thais von ihrer Hauptstadt sprechen sie in der Regel nur von „Krung Thep“.

Bereits bei Abreise fing Marie an zu fiebern. Wir hatten Sorge, dass die Temperaturkontrolle im Nachtzug uns die Fahrt verwehren könnte. Doch Surat Thani als kleiner Provinzbahnhof ist wohl zu unscheinbar und es wird auf die Temperaturkontrolle verzichtet. Normalerweise haben wir bei unseren Kids die „3-Tage-Regel“, wenn es um Fieber geht. Sollte das Fieber am vierten Tag anhalten, konsultieren wir einen Arzt. Anders jedoch in Asien. Wir befinden uns in einer Region, in der sowohl Dengue als auch japanische Enzephalitis herrschen, beides durch Mücken übertragene Krankheiten, welche sich durch Fieber äußern und bei schweren Verläufen tödlich sein können. Medikamente gibt es keine. Besonders bei unserer kleinsten Reisegefährtin wollen wir hier kein Risiko eingehen.

Wir beziehen unser Hotel im Stadtteil Sukhumvit. In Laufweite befindet sich das internationale Krankenhaus Bumrungrad, welches wir am ersten Morgen aufsuchen. Die medizinische Versorgung in Thailand ist (besonders in Bangkok) auf deutschem Niveau oder sogar darüber, insofern man sich der privaten, internationalen Krankenhäusern bedient. Bumrungrad wurde 2020 zum „Hospital of the year“ der Zeitschrift Forbes gekürt. Die Klinik erstreckt sich über mehrere Gebäude in der Gesamtgröße eines kleinen Stadtviertels. Wüsste man nicht, dass man sich in einer Klinik befindet, würde man denken man sei in einem 5-Sterne-Hotel. Nie in unserem Leben haben wir uns in einem Krankenhaus mit solch einem Standard befunden. Zum Glück stellt sich heraus, dass unsere Kleine „nur“ eine angehende Angina hat. Der Arzt rät uns vorsichtshalber zur Einnahme von Antibiotika. Da dies in der krankenhauseigenen Apotheke verfügbar ist (nicht selbstverständlich in Asien), verzichten wir auf die Nutzung des mitgeführten Breitbandantibiotikas. Gezahlt wird vor Ort. Nach dem ersten Tag der Einnahme ist Marie bereits fieberfrei – unsere Maus war sehr tapfer.

Wir verbringen acht Tage in Bangkok und haben die Zeit mit verschiedenen Touren durch die Stadt verbracht:

„Der große Palast“

Nachdem die Birmanen die alte Hauptstadt Ayutthaya und den dort beheimateten Königspalast zerstörten, wurde Bangkok zur Hauptstadt ernannt und der neue Königspalast 1782 begonnen zu erbauen. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war dieser der Sitz des Königs. Das ca. zwei Quadratkilometer große Areal beinhaltet eine Vielzahl an Gebäuden, welche prunkvoll bis ins kleinste Detail gebaut und erhalten sind. Wir haben auf unserer Reise keinen vergleichbaren Ort gesehen. Die Szenerie ist derart überladen, dass es dem Auge schwer fällt, all die Eindrücke einzufangen. Eine wirkliche Empfehlung, wer an Bangkoks Geschichte interessiert ist. Ein Besuch der Anlage füllt leicht einen halben Tag oder mehr. Tip: Die kostenpflichtigen Touren, welche vor dem Areal, angeboten werden, kann man beruhigt nicht in Anspruch nehmen. In der Anlage selbst werden Touren umsonst angeboten ;o) Wir verbringen einige Stunden hier. Der Himmel zieht sich bedrohlich dunkel zusammen und wir werden später noch mit einem Tropenschauer überrascht. Das Wasser fällt wie aus Eimern vom Himmel.

„Tempel der Morgenröte – Wat Arun“

Ein Tempel königlicher erster Klasse, welcher sich gegenüber des Königspalast am Westufer des Mae Nam Chao Phraya befindet. Vom Pier aus bieten diverse Boote die Überfahrt für ein paar hundert Baht an. Läuft man nur einen knappen Kilometer nördlich gelangt man jedoch an einen kleinen, versteckten Pier, welchen die Einheimischen nutzen. Für 15 cents kann man dort übersetzen. Wat Arun ist ein buddhistische Tempel und wurde während der Ayutthaya-Periode (1400 – 1872) erbaut, mehrfach erweitert und renoviert. Das Zentrum der Anlage bildet der ca. 80 Meter hohe Phra Prang, welcher mit Mosaiken aus knapp einer Million Scherben feinstem chinesischem Porzellan verziert ist. Ein atemberaubendes Gebäude, welches nach Einbruch der Dunkelheit seine wahre Pracht zeigt. Der Anblick wirkt schier hypnotisch, bei Tag wie bei Nacht.

„Benjakitti Park“

Grünflächen sind in der Betonwüste Bangkoks Mangelware. Der erst vor Kurzem erweiterte Benjakitti Park bietet verschiedene Grünflächen und angelegte Laufwege durch teils verwilderte Vegetation. Allgemein in nicht sehr gutem Zustand gehalten, hat uns dieser Ausflug weniger gefallen. Den Einwohnern Bangkoks zumindest scheint es hier zu gefallen, sie pilgern in Scharen hierher, besonders um Fotos von Hochzeitspaaren etc. zu schießen.


Bangkok ist in unseren Augen definitiv eine Stadt, welche einen Besuch wert ist. Wir haben jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass diese Stadt für eine Reise mit Kindern in unserem Alter nicht geeignet ist. Spielplätze sind Mangelware in der Stadt und wenn, dann meist in einem schlechten Zustand. Das freie Bewegen oder auch mal “rennen lassen“ ist kaum möglich.

Am Ende unserer Woche in Bangkok fühlen wir den Drang nach Ruhe und Natur. Wir brechen mit dem Nachtzug auf gen Norden, in die abgelegene Provinz Chiang Mai. Ein Hochland, welches an die südliche Grenze von Myanmar liegt. Der Zug rattert los. In dreizehn Stunden werden wir in einer anderen Welt aufwachen…

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